Beim Erwerb einer Immobilie sind die gezahlten Anschaffungskosten regelmäßig auf die verschiedenen Wirtschaftsgüter – typischerweise Gebäude und Grund und Boden – aufzuteilen. Diese Kaufpreisaufteilung hat erhebliche steuerliche Folgen: Nur der auf das Gebäude entfallende Anteil kann durch Abschreibungen steuermindernd geltend gemacht werden. Die Frage, wie der Gesamtkaufpreis korrekt aufgeteilt wird, beeinflusst somit direkt das jährliche Abschreibungspotenzial und letztlich die laufende Steuerbelastung für Eigentümer.
Bislang gab es Unsicherheiten bei der Bewertung und Aufteilung einheitlicher Immobilienkaufpreise. Die Verwaltungsanweisungen zur Anwendung der BMF-Arbeitshilfe führten zu unterschiedlichen Ergebnissen und waren nicht immer auf besondere Einzelfälle anwendbar. Diese Unsicherheit soll nun mit dem Entwurf zu § 9b EStDV-E behoben werden und bundesweit für einheitliche und transparente Regelungen sorgen.
Der neue § 9b EStDV-E regelt, dass die Aufteilung des Kaufpreises nun grundsätzlich nach dem Verhältnis der Verkehrswerte von Gebäude und Grund und Boden zum Erwerbszeitpunkt erfolgt. Die Arbeitshilfe des BMF wird zum Standardwerkzeug für die Kaufpreisaufteilung, was zu einer Vereinheitlichung der Vorgehensweise beitragen soll. Damit wird eine nachvollziehbare und dokumentierte Berechnung für alle Parteien verpflichtend.
Auch nach Inkrafttreten des § 9b EStDV-E bleibt es steuerlich möglich, im notariellen Kaufvertrag eine individuelle Aufteilung des Kaufpreises festzulegen. Allerdings wird die vertraglich getroffene Kaufpreisaufteilung streng an den tatsächlichen Marktverhältnissen gemessen. Die Finanzverwaltung wird die Angemessenheit künftig lückenloser überprüfen und ausschließlich wirtschaftlich nachvollziehbare Aufteilungen anerkennen. Weicht die vertragliche Aufteilung deutlich vom Verkehrswert-Verhältnis ab, besteht ein erhöhtes Risiko, dass sie steuerlich nicht anerkannt wird. Eine klare und dokumentierte Begründung ist daher wichtiger denn je.
Auch ohne Aufteilung des Kaufpreises im notariellen Kaufvertrag kann der Steuerpflichtige von der Aufteilung des Kaufpreises nach Marktwerten abweichen, sofern er ein entsprechendes Gutachten über den Wert der Immobilie vorlegen kann. Diese Privatgutachten sind in jüngerer Vergangenheit ins Visier der Finanzverwaltung geraten, da auf dem Markt vermehrt Online-Anbieter auftraten, die ohne Besichtigung des Objektes innerhalb weniger Tage entsprechende Gutachten ausstellten. Ähnliche Gutachten waren auch bei der Begründung kürzerer Nutzungsdauern (§ 7 Abs. 4 Satz 3 EStG) zu beobachten. Über diese im „Schnellverfahren“ erstellten Gutachten begründeten Steuerpflichtige höhere Abschreibungen.
Dieses Vorgehen versucht die Finanzverwaltung mit § 9b EStDV-E zu unterbinden und erhöht die Hürden für die Gutachten: Privatgutachten müssen detailliert darlegen, warum ein anderer als der mit der BMF-Arbeitshilfe ermittelte Wert dem tatsächlichen Wertverhältnis entspricht. Weiterhin muss es sich um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handeln, der eine persönliche Vorortbesichtigung der Immobilie durchführen muss. Das bedeutet: Je komplexer oder spezieller der Immobilienfall, desto wichtiger wird eine frühzeitige, fachkundige Analyse und Dokumentation.
Mit der neuen Regelung wächst der Beratungsbedarf rund um Immobilienerwerbe. Ein sorgfältiges Vorgehen bei der Kaufpreisaufteilung – von der Vertragsgestaltung bis zur Berechnung und gegebenenfalls Einholung eines Gutachtens – ist zentral, um steuerliche Nachteile und spätere Konflikte mit der Finanzverwaltung zu vermeiden. Wer hier auf transparente Dokumentation und professionelle Unterstützung setzt, erhält die größtmögliche Planungssicherheit für die steuerliche Behandlung seines Immobilieninvestments.
§ 9b EStDV-E soll die Praxis der Kaufpreisaufteilung beim Immobilienerwerb für alle Beteiligten transparenter und einheitlicher machen. Für Steuerpflichtige lohnt es sich, die neuen Vorgaben frühzeitig zu berücksichtigen und bei Zweifeln an der Angemessenheit der Standardberechnung fachkundigen Rat hinzuziehen. So lassen sich steuerliche Gestaltungsspielräume optimal nutzen und unangenehme Überraschungen vermeiden.
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