Die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bleibt ein zentrales und zugleich streitanfälliges Thema im Bereich der Immobilienbesteuerung. Trotz ihrer erheblichen Bedeutung für betroffene Steuerpflichtige ist sie regelmäßig Gegenstand finanzgerichtlicher Auseinandersetzungen. Die Vorschrift ermöglicht es Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, den Gewerbeertrag um den auf diese Tätigkeit entfallenden Anteil zu kürzen.
Der Begriff „ausschließlich“ ist dabei von zentraler Bedeutung und wird von der Rechtsprechung streng ausgelegt. Die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes muss über den gesamten Erhebungszeitraum hinweg erfolgen. Jegliche darüber hinausgehende Tätigkeit ist nur dann unschädlich, wenn sie unter die Ausnahmetatbestände des § 9 Nr. 1, Satz 2 u. 3 GewStG oder entsprechende Rechtsprechungsausnahmen fällt.
Mit Urteil vom 30.10.2024 hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur Betriebsverpachtung im Kontext der erweiterten Kürzung bestätigt. Danach ist eine Betriebsverpachtung nicht kürzungsschädlich, wenn die wesentlichen, die dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden und es sich hierbei ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz handelt.
Außerdem hat der BFH klargestellt, dass eigener Grundbesitz auch dann vorliegt, wenn sich der Grundbesitz nicht im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft befindet, sondern zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehört.
Praxishinweis:
Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Betriebsverpachtung keine eigenständige Fallgruppe darstellt. Maßgeblich ist allein, ob ausschließlich Grundbesitz überlassen wird. Die Überlassung von Betriebsvorrichtungen verletzt das Ausschließlichkeitsgebot. Es empfiehlt sich daher, bei der Verpachtung von Gewerbeimmobilien sicherzustellen, dass keine Betriebsvorrichtungen mitüberlassen werden – idealerweise durch Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Mieter.
(FG Berlin-Brandenburg vom 05.11.2024 – 8 K 8179/22; Revision anhängig: BFH III R 40/24)
In diesem Verfahren hatte eine GmbH die erweiterte Kürzung für das Jahr 2019 beantragt. Zwar wurden bereits im November 2018 notarielle Kaufverträge über drei Grundstücke abgeschlossen, der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte jedoch erst im Mai 2019. In der Zwischenzeit wurden vorbereitende Maßnahmen wie Finanzierungsgespräche, Maklerbeauftragungen und Bauplanungen durchgeführt.
Das FG lehnte die Kürzung ab, da die GmbH über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten keinen eigenen Grundbesitz besaß. Die bloße Vorbereitung der Nutzung stelle keine tatsächliche Verwaltung und Nutzung im Sinne des § 9 GewStG dar. Die Revision ist beim BFH anhängig.
Praxishinweis:
Gerade bei neu gegründeten Kapitalgesellschaften ist es herausfordernd, die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung bereits ab Gründung zu erfüllen. Die Gewerbesteuerpflicht beginnt regelmäßig mit der Eintragung ins Gesellschaftsregister oder ggf. bereits als Vorgesellschaft, falls zuvor nach außen in Erscheinung getreten wird. Potenziell schädliche Tätigkeiten sollten identifiziert und ggf. ausgelagert werden. Sind diese Tätigkeiten unschädlich i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b) oder c) GewStG, ist eine sorgfältige Tax-Compliance-Strategie unbedingt erforderlich.
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